Unter Schmerztherapie werden alle therapeutischen Maßnahmen zusammengefasst, die zu einer Reduktion von Schmerzen führen.
Chronische Schmerzen
Chronische Schmerzen haben mehrere Ursachen, sodass neben der biologische Veranlagung auch psychische und soziale Probleme (sogenanntes Biopsychosoziales Problem) dafür verantwortlich sind.
Biologische Faktoren
a) Körpergröße
b) Gewicht
c) falsche Haltung, Skoliose (anlagebedingte Verkrümmung der Wirbelsäule)
d) altersbedingte Verschleißerscheinungen
Psychische Faktoren („no brain no pain“)
a) Somatisierungsstörung wie z.B. Schmerzen im Verdauungstrakt, Gelenks-, Nacken-, Rückenschmerzen oder abnorme Hautempfindungen wie Kribbeln, Brennen, Taubheitsgefühle etc.
b) Depressionen
c) Posttraumatische Belastungsstörungen
andere psychische Faktoren wie
a) Distress im privaten und beruflichen Alltag
b) Passives Schon- und Vermeidungsverhalten
c) Ausblenden der Schmerzen, Durchhalten
Soziale Faktoren
a) Geänderte Arbeitsbedingungen (viel Arbeit am PC)
b) Hohe Arbeitsbelastung, starke Konkurrenz (Angst um den Arbeitsplatz)
c) Sekundärer Krankheitsgewinn (Pension besser akzeptiert als Arbeitslose)
Ersichtlich werden die unterschiedlichen Ursachen auch dadurch, dass zwar die altersbedingten Verschleißerscheinungen ab dem 60. Lebensjahr stark zunehmen, jedoch die Anzahl der Patienten zum Beispiel mit Rückenschmerzen durch den Rückgang der psychischen und sozialen Faktoren insgesamt abnimmt!
Neue Ekenntnisse
Starke Schmerzreize oder wiederholte Schmerzreize können Schmerzspuren im Nervensystem hinterlassen.
Diese Schmerzspuren werden häufig als „Schmerzgedächtnis“ bezeichnet, da sie ähnliche zelluläre Vorgänge im Hippocampus (Gehirnteil) auslösen, die als Ursachen für kognitives Lernen und das Gedächtnis angesehen werden.
Dadurch wird das Schmerzgedächtnis wie beim Lernen mit der Zeit durch immer geringere Reize aktiviert.
In Untersuchungen wurde festgestellt, dass ein Löschen des Schmerzgedächtnisses am besten durch Gegenirritationsverfahren wie durch TENS (Transkutane Elektrische Nervenstimulation) oder durch Akupunktur möglich ist.
Derzeit laufen auch pharmakologische Versuche im Wilhelminenspital mit hochdosierten Opiaten, die die gesteigerte Empfindlichkeit löschen helfen sollen. Diese Versuche stehen unter ständiger Überwachung durch Anästhesisten.
Behandlungsmöglichkeiten von Schmerzen
Medikamentöse Therapie nach neuesten internationalen Richtlinien
Die WHO (Weltgesundheitsorganisation) empfiehlt dazu drei Stufen!
Stufe 1
Beseitigung der schädigenden Stoffe, Einflüsse durch nicht opioide Analgetika wie
Glucocorticoide („Kortisone“ = Steroidale Antirheumatiker) und
Nicht steroidale Antirheumatiker (sogenannte NSRA)
a) Saure antiphlogistische (entzündungshemmende) und antipyretische (fiebersenkende) sowie analgetische (schmerzdämpfende) Schmerzmittel wie z.B. Acetylsalicylsäure (ASS Aspirin), Diclofenac (Voltaren), Ibuprofen, Naproxen und Oxicame (wie Meloxicam)
b) Nicht saure Schmerzmittel wie z.B. Paracetomol (mit schmerzstillender und fiebersenkender Wirkung), Metamizol (Novalgin) oder Phenazon
c) Selektive COX2 Inhibitoren wie Parecoxib oder Celecoxib
Stufe 2
Beeinflussung der Schmerzrezeptoren durch schwaches Opioid gegebenenfalls in Kombination mit nicht opioiden Analgetika der Stufe 1, welche die Weiterleitung von Schmerzimpulsen in das Rückenmark und in das Gehirn (Thalamus) hemmen, sowie weiter zum Limbischen System und wirkt auf Emotionen wie z.B. Tramadol oder Tilidin
Stufe 3
Unterbrechung der Weiterleitung von Schmerzrezeptoren durch starkes Opioid gegebenenfalls in Kombination mit nicht opioiden Analgetika der Stufe 1 wie z.B. Morphin, Hydromorphon, Oxycondon,Fentanyl, Methadon
Weiter unterstützende Medikamente
Antidepressiva, sogenannte Schmerzmodulatoren wie z.B. Serotonin SSR, trizyklische Antidepressiva; durch Erhöhung des Serotoninspiegels im Gehirn steigt die Toleranzschwelle für Schmerzen.
Antiepileptika vor allem bei neuropathischen Schmerzen (Mißempfindung des Schmerzes wie z.B. Kribbeln, Hitzegefühl)
Infusions/Infiltrationstherapie
Mit Hilfe von Lokalanästhetika, denen zum Teil auch Cortison in geringen Mengen beigegeben wird, werden die Schmerzrezeptoren lokal betäubt.
Die WHO spricht von Stufe 4 der Invasiven Techniken
wie z.B. Peridurale Injektion, Spinale Injektion, periphere Lokalanästesie
TENS-Gerät
Mit Hilfe elektromedizinische Reizstromtherapie soll die gesteigerte Empfindlichkeit aus dem Schmerzgedächtnis gelöscht werden.
Methoden der Komplementärmedizin die in der Praxis angeboten werden
Manuelle Medizin (Chiropraktiken)
Akupunktur
Osteopathie
Neuraltherapie
Schröpftherapie
Anweisungen zur Einzelgymnastik mittels Übungsbogen für betroffene Bereiche
Psychotherapie
Entspannungsgruppe; diese findet 1 bis 2 mal pro Jahr bei externer Psychologin statt
Methoden der Psychologischen Schmerzbewältigung
Verschieden Entspannungsverfahren wie
a) Progressive Muskelentspannung nach Jakobsen
b) Autogenes Training
c) Selbsthypnose (durch CD oder Internet)
Verbesserung der Wahrnehmung von Körpervorgängen durch
a) Biofeedback
b) Verhaltenstherapie
Kognitive Therapien
Erkennen schmerzfördernder Gedanken zum Beispiel katastrophieren
Langes Arbeiten ohne Pausen („statt durchhalten müssen“, lernen sich selbst Grenzen zu setzen bzw. „Nein“- zu sagen oder positiv Wünsche äußern)
Aufbau angenehmer Aktivitäten wie z.B. ein Buch lesen, Spaziergänge, Badbesuche
Akzeptanz des Schmerzes
Mentale Beeinflussung
Positive Gedanken wie z.B. „Heute geht es mir besser“,oder „die Schmerzen sind geringer“
Fantasiereisen
Von Schmerzen betroffene Regionen
Verhalten von betroffenen Personen
Fast die Hälfte der betroffenen Personen versuchen den Schmerz zu verbergen und ziehen sich zurück.
Ein Drittel der Männer beziehungsweise ein Fünftel der Frauen nehmen keine Schmerzmittel.
Bei starken Schmerzen sollte man jedoch immer einen Arzt aufsuchen, denn abwarten und den Schmerz ertragen hilft in der Regel nicht, da sich dieser durch Veränderung bestimmter Nervenzellen verfestigen kann und damit die Aussichten auf Verbesserungen des Wohlbefindens erschwert werden!